Sarah Elena Müller
(*1990) arbeitet multimedial in Literatur, Musik, Virtual Reality, Hörspiel und Theater. Sie tritt im Mundart Pop Duo «Cruise Ship Misery» als Ghostwriterin und Musikerin auf und leitet das Virtual Reality Projekt «Meine Sprache und ich» – eine Annäherung an Ilse Aichingers Sprachkritik. 2019 erschien ihr Szenenband «Culturestress – Endziit isch immer scho inbegriffe» beim Verlag Der gesunde Menschenversand. 2015 erschien die Erzählung «Fucking God» beim Verlag Büro für Problem. Als Mitbegründerin des Kollektivs RAUF engagiert sie sich für die Anliegen feministischer Autor*innen in der Schweiz.
Moderation: Stefan Humbel
«Culturestress»
Von toxischer Mäuslichkeit befallene Nager und auseinanderdriftende Pilgerinnen bevölkern die Welt, Ovarienflüsterer und Dämoninnen, kreative Hunde und Sexpuppen aus einem Dortmunder Bordoll, geswattete Samichläuse und Gemsen als Totemtiere, durchs All schwebende Kartoffeln und ein Lord. Das klingt wie das Bestiarium einer Fantasiewelt. Ist es aber nicht. Weder sind die Figuren besonders allegorisch, noch ist die Moral so klar an ihrem Platz. Vielmehr schickt die Autorin das Figurenpersonal ihrer versammelten Zeitungskolumnen (Der Bund) als literarische Sonden in einen Alltag, der uns nur zu vertraut ist. Einen Alltag aber auch, der in seiner leicht verschobenen Normalität zur Terra incognita wird.
Das ist keine Gegenwelt, auch wenn uns das manchmal recht wäre. Die immer schon inbegriffene Endzeit schwelt vielmehr unter der bekannten Tatsachenebene – unter der Wochenendweiterbildung, auf der Ombudsstelle oder am Klassentreffen. Mit kuriosem Blick und scharfer dialektaler Klinge zieht Sarah Elena Müller in “Culturestress” los, ihre Szenen aus dem Weltzusammenhang zu befreien.